Donnerstag, 17.10.2019

Sowas wie Alltag

Schon wieder sind ein paar Wochen vergangen, das geht hier wirklich unfassbar schnell. Mittlerweile ist das Wetter ziemlich galizisch geworden und auch, wenn wir alle vorher wussten, was uns hier erwarten könnte, merkt man schon, wie die Stimmung sich zwischenzeitlich ein wenig "ernüchtert". Heute vor einer Woche saß ich in meiner Unipause noch mit einer großen Erasmus-Gruppe draußen und hatte das Gefühl, meine Jeans verkohlt, so sehr hat die Sonne noch geknallt. Die Tage drumherum waren durchwachsen: Sonne, Wolken, mal ein bisschen Regen und Wind aber angenehme Temperaturen. Im Grunde das, was wir in Deutschland als April-Wetter bezeichnen würden. Aber seit ein paar Tagen macht das Wetter hier seinem Ruf alle Ehre und es hat sich so richtig schön eingeregnet. Immerhin bin ich jetzt im Besitz eines Regenschirms und einer etwas wärmeren Übergangsjacke. Fehlen nur noch die Gummistiefel! Ich möchte aber gar nicht meckern, denn wie gesagt wusste ich ja, dass der Regen irgendwie auch ein Stück weit zu Galicien dazugehört. Daher versuchen wir alle, uns nicht die Stimmung verderben zu lassen und es uns schön zu machen (Ich sage mir immer: Wir haben die Wahl zwischen Regen in Deutschland und Regen in Spanien und zwischen guter und schlechter Laune!) Ein wenig trägt das auch dazu bei, dass man ein bisschen in der Realität ankommt und das Gefühl des ewigen Sommerurlaubs hinter sich lässt. Nach den ersten vier Wochen voller Sonne, Strand und Reisen, die ohne Zweifel ein Traum waren, tut es jetzt auch ganz gut, einfach mal ein Wochenende in Vigo zu verbringen, sich spontan etwas vorzunehmen, auch mal ein paar Pflichten zu erledigen und sich bei Regen einen gemütlichen Nachmittag im Café zu machen. Das gibt mir das Gefühl, ein bisschen mehr zu "landen" und tatsächlich hier zu leben. Das ist mir zum Beispiel letzten Freitag zum ersten Mal so richtig aufgefallen. Der Freitag ist ja immer mein freier Tag (das Beste an meinem Studenplan!) und dort habe ich dann erstmal etwas Schlaf nachgeholt, mich in Ruhe fertig gemacht und den Einkauf fürs Wochenende erledigt. Danach ging es mit Laptop und Unizeugs in mein Lieblingscafé (Sésamo) für eine kleine produktive Session mit frischem O-Saft, Café con leche und meinem Bilingüismo-Essay. Danach dann zur Belohnung ein kleiner Stadtbummel (noch bei strahlendem Sonnenschein), ein lecker Mittagessen zuhause, theoretisch auch noch ein Gang ins Fitnessstudio, den ich an diesem Freitag jedoch vertrödelt habe und abends dann mal wieder ein schönes Erasmus-Event, ein internationales Dinner, mit anschließender Fiesta! Solche Tage, an denen man einfach mal die Zeit in "seiner Stadt" genießt, sind für mich nach all der Aufregung total wohltuend.

Was ist sonst noch so passiert...Wir haben ein paar richtig tolle neue Bars und Restaurants entdeckt, darunter ein paar echte Geheimlocations, die vermutlich noch nicht so viele Erasmus-Studenten gesehen haben! In dieser Hinsicht hat Vigo wirklich eine Menge zu bieten. Mein Favorit war eine kleine verwinkelte Bar im Stil eines nostalgischen Künstler-Ateliers aussah: überall Bücher, Schallplatten, Kunstwerke und mit einer verwucherten Außenterrasse im Hinterhof. In einem anderen Restaurant haben wir den allerbesten Pistazien-Brownie mit Eis gegessen, der so gut war, dass wir noch am gleichen Abend einen Tisch für die darauffolgende Woche reserviert haben (gestern Abend waren wir wieder dort, die Burger sind auch ziemlich gut!!). 

Eine etwas crazy Sache...in Vigo hängt mittlerweile schon die Weihnachtsbeleuchtung. Der Bürgermeister hier hat wohl schon den Ruf, ein wenig verrückt zu sein und es mit der Dekoration dezent zu übertreiben, aber dass schon im Oktober geschmückt wird, während es sich manchmal noch nach Sommer anfühlt, hat mich dann doch ein wenig überrascht. In ein paar Wochen folgen dann vermutlich Bilder von der Beleuchtung in Aktion!

Weihnachtsbeleuchtung

Ansonsten habe ich inzwischen meinen ersten Aufsatz für die Uni abgegeben und gestern wurde uns eine spontane Zwischenprüfung angekündigt - in meinem absolut nervigsten Kurs, in dem wir uns knappe zwei Stunden am Stück Rezitationen spanischer Sonette des 16. Jahrhunderts anhören müssen. Also wird jetzt vielleicht doch mal gelernt - Juhuu!

Inzwischen habe ich auch endlich mal den lange geplanten Ausflug mit meiner "Gastmama" und ihrer besten Freundin gemacht, ein kleiner Tages-Roadtrip über verschiedene Orte in Galizien, u.a. Baiona und A Guarda, und sogar bis ins portugiesische Örtchen Valença. Währenddessen habe ich nicht nur viel Spanisch gesprochen, sondern auch ein paar besonders schöne Ecken zwischen Galizien und Portugal zu sehen bekommen.

Eindrücke vom AusflugEindrücke vom kleinen AusflugEindrücke vom Ausflug - Baiona

Valença

Achja, und ich war endlich zum ersten Mal beim Surfen. Zwar unter ungewöhnlichen Umständen (es war seehr grau und regnerisch), aber die Perspektive, den kompletten verregneten Sonntag mit meinem Essay und diversen Haushaltsdingen zu verbringen, hat mich angetrieben, es mal auszuprobieren und die Komfortzone zu verlassen. Natürlich kann man das beim ersten Mal noch nicht wirklich surfen nennen, aber nach der kleinen Schnupperstunde bin ich auf jeden Fall motviert, es weiter zu üben, bei Wind und Wetter.

Wunderschönes Spiegelselfie im Neoprenanzug

Soviel erstmal an dieser Stelle zu meinem kleinen Update. Es stehen noch ein paar Ausflüge an, da gibt es dann bestimmt wieder ein paar schöne Fotos und unalltägliche Berichte! :)