Mittwoch, 22.01.2020

¡Ciao, Vigo!

So schnell sind die letzten paar Wochen vergangen und ich musste mich von Vigo verabschieden. Am 22. Januar ging mein Rückflug nach Deutschland und damit sind nun auch die cinco meses en Vigo vorbei. Ich hatte noch eine wunderbare Zeit dort mit erstaunlich viel Sonne und nur einem Regentag - eine wirklich gute Quote für Vigo, wie ich es kennengelernt habe. Das gute Wetter hat es nochmal extrem vereinfacht, die letzte Zeit in Spanien maximal zu genießen. Ich bin zwar letztendlich weniger gereist, als ursprünglich angedacht, aber das war völlig ok so. Am Ende hatte ich das Gefühl, erstmal genug vom Reisen zu haben und einfach nur noch Vigo genießen zu wollen. Zusammen mit ein paar kleineren Ausflügen in der Gegend war das auch die perfekte Kombi. Hier ein Einblick in meine letzten kleinen Galicien-Trips:

12.01.2020: Ausflug mit meiner Gastmama, ihrem Freund, ihrer besten Freundin und meiner Freundin Anna

-Ribeira Sacra:

normalerweise, d.h. ohne Nebel, sähe es dort so aus: https://www.lavanguardia.com/r/GODO/LV/p6/WebSite/2019/08/15/Recortada/img_lbernaus_20190815-103144_imagenes_lv_terceros_istock-615525028-ksQE-U464093544047IoE-992x558@LaVanguardia-Web.jpg 

bei uns sah es jedoch so aus, sehr neblig aber trotzdem schön: 

-eine alte Kloster-Ruine, das Monasterio de Santa Cristina:

-das Dörfchen Allariz:

 

19.01.2020: Mini-Ausflug nach Cangas mit der gleichen Truppe

-Aussicht auf die Puente de Rande von der gegenüberliegenden Seite (quasi gegenüber von der Mejor Banco del Mundo):

-Sonnenuntergang am Aussichtspunkt La Caracola (dt. Meeresschnecke):

Das Highlight dieses Ausfluges war, dass wir beim Sonnenuntergang gucken völlig unerwartet ganz viele Delfine, bzw. Golfiños, wie man sie hier nennt, beobachten konnten. Das war ein unfassbar tolles Erlebnis und hat diesen letzten Ausflug nochmal zu einem ganz besonderen gemacht.

Und, das war für mich das Allerwichtigste, wir haben unser geliebtes Vigo und seine schönen Orte und Möglichkeiten nochmal in vollen Zügen genossen. Ein letzter Strandbesuch, ein entspannter Stadtbummel, diverse Hafenspaziergänge, Besuche in unseren Lieblingscafés und -bars, natürlich ganz viel Kaffee, leckere Abschieds-Tapas und ein paar Gläser Albariño (das ist unser Lieblings-Vino Blanco aus Galicien). Den Besitzern unserer allerliebsten Stammbar haben wir ein kleines Abschiedsgeschenk gemacht und daraufhin sogar eine Erinnerungs-CD, eine Runde Getränke und ganz viel gute Musik geschenkt bekommen. Ein perfekter letzter Abend in Vigo!

 

Nach all diesen schönen letzten Tagen kam dann aber leider der unvermeidbare und sehr traurige Abschied. Auch, wenn ich mich natürlich wieder auf zuhause gefreut habe, hätte ich noch viel länger in Vigo bleiben können. Die Zeit dort war einfach unglaublich schön, bereichernd und besonders. Es ist mir wirklich schwer gefallen, das Leben, das ich mir dort aufgebaut habe, zurückzulassen. Sowohl die Leute, das spanische Lebensgefühl, und der Kontakt zur Sprache, als auch die Stadt selbst fehlen mir schon jetzt ganz schön. Aber ich bin unheimlich froh und dankbar für all die tollen Reisen, Eindrücke und Erfahrungen, die ich in den letzten fünf Monaten sammeln durfte und bin mir mehr als sicher, dass ich wiederkommen werde. Mit meiner Gastmama werde ich vielleicht auch noch eine Reise nach Lissabon oder Andalusien machen. Es dauert sicher noch ein Weilchen, bis ich realisiere, dass ich jetzt wirklich wieder fest in Deutschland bin und nicht so schnell wieder in Spanien sein und leben werde, aber alles Schöne hat nunmal auch irgendwann ein Ende und ich verlasse dieses Auslandssemester mit ganz viel Glücklichkeit und tollen Erinnerungen, die mir für immer bleiben. 

An dieser Stelle vielen Dank an alle, die mein kleines Abenteuer hier so treu verfolgt und sich für meine Zeit in Spanien interessiert haben. Ich hoffe, ihr habt meine oft sehr ausschweifenden Texte gerne gelesen und habt so einen kleinen Eindruck von dem bekommen, was ich das letzte halbe Jahr so alles erlebt habe.

Saludos y abrazos,

Raika 💕

 

Dienstag, 07.01.2020

Mein 22. Geburtstag in Vigo

Dieses Jahr habe ich meinen Geburtstag mal ganz weit weg von zuhause verbracht. Anfangs war ich beim Gedanken an diesen Tag ohne Familie und Freunde von zuhause (und auch meine engsten Vigo-Freunde waren alle schon weg) ein bisschen skeptisch, aber letztendlich war es ein richtig schöner Tag und alles ist relativ spontan, aber super gut gelaufen. Ich habe mir ein paar Leute und Freunde  "zusammengesammelt" (ein Italiener und zwei Deutsche), um mit ihnen bei einer Wanderung zu einem wunderschönen Aussichtspunkt das gute Wetter zu genießen. Normalerweise kann man an meinem Geburtstag ziemlich sicher mit schlechtem Wetter rechnen, aber dieses Jahr hatte ich großes Glück - Sonne, blauer Himmel und angenehme Temperaturen. Allein dafür hat es sich schon gelohnt, den Tag in Spanien zu verbringen. Nach der Wanderung und guten zwei Stunden Sonne tanken auf dem Aussichtspunkt waren wir noch Kaffee trinken, ein Stück Pizza auf die Hand snacken, Sonnenuntergang gucken, haben zusammen gekocht und gegessen und waren abschließend noch mit ein paar anderen Erasmus-Leuten in einer Bar. Hier ein paar Eindrücke:

Angekommen bei der "Mejor banco del mundo" (= die beste Bank der Welt):

Café con leche in der Nachmittagssonne:

Sonnenuntergang auf dem Dach des Einkaufszentrums am Hafen:

Italienischer Koch-Abend mit zwei Freunden in unserer Wohnung:

Geburtstagsgruß von meiner Gastmama an meinem Badezimmerspiegel: "Feliz cumpleaños"

Ganz lieben Dank nochmal für alle lieben Anrufe, Nachrichten und Glückwünsche! 

Sonntag, 05.01.2020

¡Fiesta, fiesta! - Die Cabalgata und die Reyes Magos

Nach den Feiertagen, einer sehr schönen Woche Heimaturlaub und einem etwas anderen Silvester in Vigo habe ich hier auch den Drei Königstag miterleben können - der wichtigste Feiertag des ganzen Jahres in Spanien. Hier nennt man ihn den "Día de los Reyes Magos", was glaube ich soviel heißt wie der "Tag der weisen/ magischen Könige".  Obwohl das offizielle Datum ja der 6. Januar ist, fanden die ganzen Feierlichkeiten hier aus irgendeinem Grund schon am Tag davor statt. Ich hatte vorher schon gehört, dass es eine Art Umzug mit den verkleideten Königen geben soll (die sogenannte „Cabalgata“) und dachte, das kann man sich ja mal anschauen, denn schließlich gehört dieses Fest unverzichtbar zur spanischen Kultur und wird anscheinend größer gefeiert als Weihnachten selbst. 

Als wir am 5. dann aber auf dem Weg dorthin die Menschenmassen gesehen haben, haben wir uns schon gefragt, was da auf uns zukommen wird. Wenn man, so wie wir, komplett ohne Erwartungen dorthin gegangen ist, konnte man eigentlich nur überrascht werden, denn es handelte sich bei dem Umzug um eine Riesenparade mit überladenen und blinkenden LKWs als Wagen (ähnlich wie Karnevalswagen), ganz viel lauter Musik und einer Menge verkleideter, Bonbon werfender Kinder. Durch die ganzen Weihnachtssongs ist wieder richtig Stimmung aufgekommen. Ich hätte mir das ganze jedoch etwas religiöser aufgezogen vorgestellt, denn die drei Könige sind bloß auf jeweils einem eigenen prunkvollen Wagen vorbeigefahren, haben gewunken und sich feiern lassen, und das wars auch eigentlich schon. Der Rest war eher eine „allgemeine“ Party, das können die Spanier ja ziemlich gut. Neben Weihnachtswichteln und Reitern sind auch einige Gestalten mitgezogen, die man zunächst nicht unbedingt dem Drei Königstag zuordnen würde: Schlümpfe auf Fahrrädern, Riesen-Minions, der Pink Panther, Dumbo in Überdimension und ein paar merkwürdige Gefährte, alle aus Luftballons bestehend. Natürlich hat sich auch der Bürgermeister wieder blicken lassen und seine Prominenz genossen. 

Das Ganze ging über eine Stunde lang und sowohl die Straßen als auch die Balkone waren voller Menschen, die dieses Event übermäßig zelebriert haben. Allein das war schon ein lustiger Anblick und generell haben wir sehr viel gelacht über das, was sich dort abgespielt hat. Ich würde sagen, man muss es gesehen haben um eine Vorstellung von dieser „locura“ (Verrücktheit) zu bekommen. Daher hier mal wieder ein paar Fotos:

 

Samstag, 04.01.2020

Von Pontevedra nach Combarro

Hier nun mal wieder ein etwas verspäteter Eintrag:

Am 4.Januar sind wir für einen kleinen Ausflug nach Pontevedra gefahren, eine kleine Stadt in der gleichnamigen Provinz hier in Galicien. Hauptgrund dafür war vor allem das fantastische Wetter, denn seitdem ich wieder zurück in Vigo bin, scheint fast täglich die Sonne und das muss man natürlich ausnutzen - vor allem wenn man mal einen Blick auf den deutschen Wetterbericht wirft... Nach der 13-minütigen Zugfahrt haben wir uns erstmal zu Fuß ins Stadtzentrum vorgearbeitet, sind am Río Lérez entlang gelaufen und haben die schöne Altstadt erkundet, die zusammen mit Santiago de Compostela zu den wichtigsten und wohl auch schönsten Altstädten Galiciens zählt. Anschließend gab es dann noch einen Café con leche in einem schönen Café draußen in der Sonne. Zwischendurch saßen wir dort in T-Shirt und mit Sonnenbrille und da habe ich wieder gemerkt, dass es allein schon aufgrund des Wetters die beste Entscheidung war, nach Weihnachten wieder zurück nach Spanien zu fliegen. 

Von Pontevedra haben wir uns dann zu Fuß auf den Weg nach Combarro gemacht. Combarro ist ein kleines, sehr idyllisches, aber mittlerweile auch touristisch gewordenes Fischerdorf, das ich auch schon auf einem meiner Roadtrips besucht habe. Bei der Planung des Ausflugs haben wir zufällig auf der Karte gesehen, dass es nur ca. 7km von Pontevedra entfernt liegt und uns vorgenommen, an der Küste entlang dorthin zu wandern. Das war auch eine sehr gute Idee, denn am Ende des Tages war der Weg von A nach B mit das Schönste am Tag. Wir sind durch viele kleine Dörfer gelaufen, wo man außer ein paar Hunden und Schafherden nur vereinzelte Senioren gesehen hat, die uns angeguckt haben, wie Autos. Das Beste waren aber die Küstenstrecken und Strände, denn dort hat man wieder richtig viel Sonne tanken und die Natur genießen können. 

Am Ziel angekommen haben wir uns dann Combarro angeguckt. Das Dorf ist sehr überschaubar, voller enger, niedicher Gassen, Restaurants und Horreos. So nennt man die Steinhütten auf Stelzen, die man hier in der Gegend abseits der Stadtzentren überall sehen kann und in denen man früher Lebensmittelvorräte gelagert hat. Danach haben wir uns in einer Bar ein Calamares-Bocadillo bestellt und die letzten Sonnenstrahlen genossen. Dort haben wir auch schonmal einen kleinen Vorgeschmack auf das Drei Könige-Spektakel bekommen, denn auf einmal kamen drei Autos angefahren, in denen jeweils ein verkleideter König saß und aus dem Fenster gewunken hat. Dann sind alle Kinder, die schon auf dem kleinen Hauptplatz am Hafen gewartet hatten, wie Bekloppte in die Mitte gerannnt und haben sich mit Bonbons bewerfen lassen und für Fotos angestanden, alles begleitet von merkwürdiger Musik, die aus einem alten Lautsprecher auf dem Dach eines Autos kam, das dort seine Runden drehte. Das war mal wieder ein interessanter und leicht verrückter Einblick in die spanische Kultur. 

Wir haben dann noch den Sonnenuntergang am Wasser geguckt und uns dann langsam auf den Weg zur Busstation gemacht. Allerdings kam kein Bus und trotz mehrfacher Nachfragen über die korrekte Haltestelle mussten wir eine gefühlte Ewigkeit in der Kälte warten. Sobald die Sonne weg war wurde es dann nämlich verdammt kalt und ich war nach einer Stunde draußen herumstehen ziemlich durchgefroren. Als wir gemerkt haben, dass wohl anscheinend kein Bus mehr kommt, haben wir ein Taxi bestellt, das uns zurück nach Pontevedra gebracht hat, von wo aus wir dann mit dem Bus nach Vigo fahren konnten. So sind wir dann mit kalten Füßen und nach fast 20km Fußmarsch wieder zuhause angekommen und hatten mal wieder einen sehr gut verbrachten Tag im schönen Galicien.

Samstag, 14.12.2019

Ein paar Eindrücke

Heute mal kein großer Text sondern einfach nur ein paar Foto-Eindrücke meiner letzten Wochen und Tage:

Strandpicknick und Sonnenuntergang, 04.12.:

Tages-Roadtrip durch Galicien mit meiner Gastmama, ihrem Freund und Pia, 06.12.:

 -Parque da naturaleza do Río Barosa:

 

-Kleines Dörfchen:

-Mirador a Siradella:

-Isla de la Toja und Ermida de San Caralampio e San Sebastián:

-Combarro:

Ausflug nach A Coruña, 12./13.12.:

 El Torre de HérculesMonsterwellen

Mädels-Weihnachtsbrunch, 14.12.:

Vigo im Winter: 

 Castrelos ParkSonnenuntergang an der Uni

Montag, 09.12.2019

Weihnachten in Vigo

Seit zwei Wochen weihnachtet es in Vigo! Schon seit Oktober wurden hier fleißig die Lichter und Dekorationen angebracht und als es damit losging habe ich mich gefragt, wieso man so früh schon mit alledem anfängt, aber schaut man sich jetzt mal die Ausmaße der Weihnachtsdeko an, versteht man die lange Vorlaufzeit. Zwar habe ich schon vorher gehört, dass Vigo in Spanien für seine Weihnachtsbeleuchtung bekannt ist und dass der Bürgermeister (Abel Caballero) daraus wohl eine ziemlich große Sache macht, aber das Ergebnis war trotzem  überraschend. Fast in jeder Straße findet man Lichterdeko verschiedenster Art. Das meiste davon wäre für den "deutschen Geschmack" deutlich zu bunt, zu kitschig und vor allem zu viel, aber irgendwie passt dieser Stil hier total gut hin, wenn man sich einmal daran gewöhnt hat. Lange haben wir uns auf die feierliche Einschaltung am 23.November gefreut, die groß angekündigt wurde. Das Event an sich war auch ganz cool, vor allem die gute und etwas festliche Stimmung durch die vielen Menschen auf de Straßen. Anscheinend wird das Ganze hier Jahr für Jahr ein wenig mehr gesteigert und dieses Jahr hat Vigo sogar zum ersten Mal einen kleinen Weihnachtsmarkt. Dort findet man statt Bratwurst, Crêpe und Glühwein dann Pulpo, Bocadillos und sehr günstige Maronen. Für den Bürgermeister ist das sicherlich vorallem eine gute PR-Aktion. Schließlich macht er sich einen (umstrittenen) Ruf damit, so großen finanziellen Aufwand zu betreiben, um angeblich alle anderen Städte, sogar New York, in den Schatten stellen zu können.

Auch, wenn es an dem Abend zu warm für richtiges Weihnachtsfeeling war, war die Stimmung schon besonders und erwartungsvoll, vor allem als alle zusammen den Countdown heruntergezählt haben. Aber wenn man Vigo als die entspannte und kaum touristische Stadt kennt, die sie ist, war dieser Abend ziemlich überfordernd. Ich habe Vigo noch nie SO voll und überlaufen gesehen, wie am "Erleuchtungsabend" und auch seitdem die Lichter nun jeden Abend leuchten, hat man das Gefühl, auf einmal in einer Touri-Metropole zu sein. Am Abend des Events wollten wir uns nach dem Hauptteil des Spektakels in eine Bar zurückziehen, doch man ist kaum von der Stelle gekommen, weil alle Straßen verstopft waren und man circa dreimal soviel Zeit gebraucht hat, sich zum Hafen hinunterzukämpfen, wie normalerweise. Die Cafés, Bars und Restaurants waren auch alle ungewohnt voll und man wusste echt nicht mehr, wohin. Deshalb war ich um elf schon wieder zurück in der Wohnung und heilfroh, aus den Menschenmassen raus zu sein. Anscheinend gleicht Vigo sein Touristen-"Defizit" also in der Weihnachtszeit mehr als genug aus. Zwischendurch sieht man hier ganze Reise- und Stadtrundfahrt-Busse. Und überall stehen Menschen mit Kameras und Handys, die Fotos machen und vor den Lichtattraktionen posieren. Das ist wirklich anders, als man es hier sonst kennt. Unter der Woche geht es mittlerweile, aber an den Wochenenden, vorallem am vergangenen Feiertags-Wochenende (am 06.12. feiert man hier nicht Nikolaus, sondern den Día de la Constitución bzw. den Tag der Verfassung), war hier wieder alles voll - einige Straßen gesperrt, Verkehrschaos, die Hotels voll, die Fußgängerzone kaum noch begehbar.

Die Deko reicht von verhältnismäßig schlichten Girlanden bis hin zu überdimensionalen Schneemännern, Geschenken und Weihnachtsbäumen. In einer der Hauptstraßen sind an den Laternen sogar Lautsprecher angebracht, aus denen zu bestimmten Zeiten Weihnachtsmusik dudelt. Auch, wenn man sich mittlerweile daran gewöhnt hat und ich diese besondere Art der Weihnachtsdeko hier total mag, ist es schon ein wenig verrückt und absurd.

Trotz der Lichter fällt es gar nicht immer so leicht, hier in meine geliebte Weihnachtsstimmung zu kommen, denn oft ist es zu warm (das ist keine Beschwerde, nur eine Beobachtung), dann habe ich zusätzlich ein komplett verzerrtes Zeitgefühl und kann kaum glauben, dass der zweite Advent schon vorüber ist - und darüber hinaus fehlen natürlich einfach die klassischen Weihnachtstraditionen von zuhause. Auf die freue ich mich dieses Jahr dafür aber umso mehr und die Woche Weihnachts-Heimaturlaub wird dann bestimmt noch viel "weihnachtsintensiver". Außerdem verhelfen mir Rolf Zuckowski und meine bisherigen Mädels-Backsessions und Weihnachtsabende auch schon sehr, immer mal wieder in Weihnachtsstimmung zu kommen. 

Meinem ersten Heimflug sehe ich mit gemischten Gefühlen entgegen. Einerseits freue ich mich sooo doll auf zuhause, meine Familie und die Weihnachtstage daheim. Aber andererseits spürt man hier seit ein paar Tagen schon die zunehmende Abschiedsstimmung in der Erasmus-Gruppe, da viele nach Weihnachten leider gar nicht mehr wieder kommen und ihr Auslandssemester damit schon bald beenden. Ich bin total froh, nochmal wieder zu kommen und mit etwas mehr Zeit und weniger Trubel meine letzte Klausur schreiben, noch ein paar schöne Dinge unternehmen und mich dann in Ruhe von allem und allen hier verabschieden zu können - auch, wenn es sicher ganz anders und komisch wird, ohne einige meiner Leute und auch ohne den Unialltag, an den man sich mittlerweile gewöhnt hat. Aber auch dann stehen noch viele schöne Dinge an. Bis dahin heißt es jetzt einfach noch ganz ganz viel genießen!!!

Hier nun mal ein paar Eindrücke von wunderschön weihnachtlichen Vigo:

Video vom Erleuchtungsevent: https://www.youtube.com/watch?v=r7Nos6czejI

 

 

Montag, 11.11.2019

Drei Tage Barcelona

Ein weiteres Reisewochenende liegt hinter mir. Vom 8. bis 11. November ging es für mich und ein paar Vigo-Freunde nach Barcelona. Der ursprüngliche Anlass für den Trip war das Fußballspiel Celta Vigo gegen den FC Barcelona, für das die Jungs schon im August Tickets gebucht hatten. Ich habe dann nicht lange überlegt und mich der Gruppe angeschlossen, denn solche kleinen Reisen sind hier bisher einfach immer tolle Erfahrungen gewesen. So sind wir dann am Freitag um 5 Uhr in der Frühe mit dem Zug Richtung Santiago de Compostela aufgebrochen, von wo aus um 9:05 Uhr unser Flug nach Barcelona gehen sollte. Es hat alles sehr unkompliziert geklappt und schon auf der Zugfahrt war die Stimmung super, obwohl nicht alle von uns ausgeschlafen waren (#erasmuslife)! Am Ziel angekommen hat uns ein noch fast kompletter Tag mit Sonnenschein erwartet. Das Timing war also perfekt, denn in Vigo hatte es sich mal wieder eingeregnet. Ein kleiner Schockmoment als Auftakt: Gerade in Barcelona angekommen habe ich erstmal meine Gruppe verloren, als ich als Letzte in die U-Bahn einsteigen wollte und die Tür auf einmal zuging. So stand ich dann leicht verwirrt alleine am Gleis und war in diesem Moment seehr froh, dass es WhatsApp gibt, denn wir haben schnell einen Treffpunkt vereinbart, den ich mit der nächsten Bahn erreichen konnte. Man hat mir gesagt, mein Blick in dieser Situation wäre unbezahlbar gewesen :D Seitdem wurde immer schön darauf geachtet, dass ich zuerst in die Bahn einsteige und ja nicht verloren gehe.

Dann haben wir erstmal das Gepäck in unserer Unterkunft abgestellt - ein sehr kleines, familiäres und gemütliches Hostel übrigens - und uns dann relativ zügig auf den Weg in die City gemacht. Nach einer kleinen (bzw. eigentlich eher großen) Stärkung haben wir dann die Stadt erkundet. Die Hälfte der Gruppe kannte Barcelona bereits, daher hatten wir schon ungefähr einen Plan wo wir hin wollten und was sich anzuschauen lohnt. An diesem ersten Tag haben wir uns die Kirche La Catedral de la Santa Creu i Santa Eulàlia (den Namen habe ich eben beim Googlen auch zum ersten Mal gehört :D), den Hafen mit seinen gigantischen und mir persönlich etwas zu bonzigen Yachten, den Strand und die Strandpromenade, den Arc de Triomf, die Ramblas und die Sagrada Familia von außen angeschaut. Alles sehr beeindruckend und schön und vom gesamten Feeling nochmal komplett anders als Vigo bzw. die anderen Städte, die ich in den letzten Monaten bereist habe. Abends waren wir dann noch in ein paar Bars unterwegs und haben lustigerweise ein paar Spanier kennengelernt, aus der eine auch aus Vigo kam und an der gleichen Fakultät studiert hat, wie ich gerade. Für uns Mädels ist der Abend allerdings nicht allzu spät geworden, da wir sehr müde waren und unsere Kräfte ein wenig für die nächsten zwei Tage sparen wollten (anders als bei den trink- und feierfesten Jungs :D).

 

Der nächste Tag hat für uns mit einem Spaziergang und einem leckeren Frühstück in einem sehr schönen Café begonnen. Später haben wir uns den Park Güell angeschaut und sind noch eine ganze Weile dort und in der Umgebung herumgelaufen. Gegen Abend sind die Jungs dann zu ihrem Fußballspiel gegangen und wir Mädels waren ein bisschen bummeln, lecker Tapas essen und haben abends bei einer Kneipentour mitgemacht, die das Hostel angeboten hat. Die Gruppe war zwar sehr klein aber trotzdem cool, weil sie sehr bunt zusammengewürfelt war (eine Britin, ein Puertoricaner, ein Chilene und zwei Amerikaner - einer davon bekennender Trump-Wähler, was unter uns Deutschen noch für ordentlich Gesprächsstoff gesorgt hat). Nach einer Bar, einem kurzen Besuch auf einer privaten argentinischen Neon-Party (es war ungefähr so verrückt wie es klingt) und einem Abstecher für den angeblich besten Mojito der Stadt sind wir dann irgendwann mitten in der Nacht wieder zurück ins Hostel und haben erstmal wieder gut und lange geschlummert!

An Tag 3 gab es nach dem Checkout im Hostel wieder ein herrliches Frühstück in dem Café vom Vortag. Danach waren wir wieder am Hafen, da wir eigentlich eine Runde mit der Seilbahn fahren wollten, aber die Preise und Wartezeiten haben uns dann doch abgeschreckt und wir haben uns stattdessen mit der Bahn und zu Fuß zum Montjuïc  und dem zugehörigen Castell aufgemacht. Oben hatte man einen tollen Ausblick auf den Hafen und die ganze Stadt und wir haben nochmal eine große Ladung Sonne tanken können - ein kleiner Vorrat fürs verregnete Vigo! Zurück im Zentrum haben wir uns dann noch ein paar der Gaudí-Gebäude angeschaut, die  durch ihren einzigartigen Stil wirklich beeindruckend waren. Als es dann Richtung Abend ging haben wir uns mal wieder etwas Leckeres zu essen gegönnt und sind durch ein paar Cafés und Bars gezogen, da wir einiges an Zeit zu überbrücken hatten. Unser Flug zurück ging nämlich am Montagmorgen um 6:40 Uhr und da hätte es sich kaum gelohnt, für die Nacht noch ins Hostel zu gehen. Daher haben wir uns vorgenommen, durchzumachen, was sehr hart war, denn logischerweise waren wir nach den drei Tagen voller Programm und mit durchschnittlich 25.000  Schritten pro Tag mehr als geschafft. Da die letzte Bahn zum Flughafen auch schon um Mitternacht ging, hat der Großteil der Nacht dann auf den unbequemen Sitzen der eiskalten Flughafen-Einganghalle stattgefunden. Zum Glück haben wir dort aber noch Kaffee und Tee bekommen und konnten uns mit ein paar Spazierrunden einigermaßen warm und wach halten, aber die angenehmste Nacht war es trotzdem nicht. Irgendwie haben wir die Zeit dann aber rumbekommen und sind dann gegen 7 Uhr abgehoben. Der Flug war diesmal irgendwie sehr unangenehm und unbequem, aber ging dafür einigermaßen schnell vorbei. In Santiago haben wir dann zum Glück direkt den nächsten Zug nach Vigo bekommen, sodass wir gegen halb elf wie "müde Krieger" wieder zuhause angekommen sind. Statt den Rest des tages zu schlafen hatte ich überraschenderweise sogar noch einen kleinen Energieschub und habe das ausnahmsweise mal wieder schöne Wetter in Vigo genutzt.

Das war wirklich ein toller Ausflug - ich würde fast sagen es war der bisher beste. Ich glaube, wir haben es geschafft, durch das viele Herumlaufen und Gucken wirklich einen guten Eindruck und Gefühl für die Stadt zu bekommen -  einfach immer der Sonne und der Nase nach, ganz entspannt nach Lust und Laune und ohne Sightseeing-Stress. Angenehm überraschend war für mich auch, dass es gar nicht mehr so überfüllt mit Touristen war, wie ich es erwartet hätte. Das lag bestimmt an der Saison und voll war es natürlich trotzdem, aber alles noch in einem passablen Ausmaß. Mein persönliches Highlight war aber, dass wir in unserer kleinen Gruppe so viel Spaß hatten. Man hat gemerkt, dass wir uns jetzt alle schon ein Weilchen kennen, keine großartigen Hemmungen mehr hatten und einfach alle ein bisschen die Sau rausgelassen haben. Spaß macht es mit den Erasmus-Leuten zwar meistens, aber oft bilden sich natürlich sehr bunt zusammengewürfelte Gruppen, in denen sich nicht alle (gleich) gut kennen und einschätzen können. Mit der Barcelona-Gruppe hat es für mich aber alles super gepasst, da sie größtenteils aus den Leuten bestand, mit denen ich meine erste Zeit in Vigo verbracht habe und dich ich daher schon am längsten und relativ gut kenne. So waren wir alle ziemlich gut drauf, extrem albern und entspannt, sodass es auch gar kein Problem war, sich mal zu trennen oder aufzuteilen. Wieder eine tolle neue Erfahrung, die nun Teil meiner Zeit in Vigo ist.

Donnerstag, 31.10.2019

Zweimal Porto in einer Woche

Zeit, mal wieder die Gegend zu erkunden! Letztes Wochenende war ich von Samstag auf Sonntag mit einer Sechsergruppe aus drei Deutschen, einem Tschechen, einem Italiener und einem Chilenen in Porto. Gefühlt war jeder hier mittlerweile schon dort, denn die Stadt zählt definitiv zu den Top-Reisezielen in der Umgebung und so wie ich sind die meisten Erasmus-Leute dort mit dem Flugzeug gelandet und haben sich Porto größtenteils schon genauer angeguckt. Daher haben wir, die Verbliebenen, die bisher von Porto maximal den Flughafen kannten, uns für diesen Ausflug zusammengetan und bei allerbestem Oktoberwetter diese wunderschöne Stadt erkundet. Da wir jedoch gar nicht viel Spektakuläres unternommen und das Kulturprogramm diesmal relativ reduziert gehalten haben, gibt es heute einfach mal mehr Fotos als Text. Das Gleiche gilt für meinen zweiten Porto-Ausflug, den ich von gestern Abend auf heute zusammen mit meiner Familie verbracht habe. Diesmal zwar zeitweise mit Regen und schwülen 20 Grad, aber so habe ich Porto nochmal von einer anderen Seite kennengelernt und konnte immerhin schon die richtigen Orte und Restaurants ansteuern, wenn es zu nass wurde. Es waren auf jeden Fall zwei sehr schöne Ausflüge und Porto ist eine tolle, wenn auch extrem touristische Stadt. Findet man sich damit ab, dort mehr Französisch, Englisch und Deutsch, als Portugiesisch zu hören und sich gelegentlich ein wenig durch die Menschenmassen schlängeln zu müssen, kann man dort das ganz eigene Flair der Stadt mit viel Kunst und Straßenmusik, sowie einige wunderschöne Ecken entdecken! 

 

Samstag, 19.10.2019

Über Vigo, Spanien und kleine Kulturschöckchen

Nach mittlerweile zwei Monaten komme ich jetzt endlich dazu, ein bisschen über Vigo zu schreiben - die Stadt, von der ich vor ziemlich genau einem Jahr zum ersten Mal gehört habe, die mich auf Anhieb angesprochen hat und dann zum Ziel meiner Reise geworden ist. Wie aus meinen anderen Einträgen bestimmt hervorgeht, habe ich die Stadt schon jetzt ins Herz geschlossen, meine ersten Lieblingsorte gefunden, einen einigermaßen guten Überblick bekommen, aber auch gemerkt, wie viel hier ganz anders ist, als zuhause.

Erster Eindruck

Mein erster Gedanke nach meiner Ankunft war, dass alles hier so riesig scheint. Im Taxi zu meiner Wohnung hatte ich so ein richtiges Großstadt-Gefühl: hohe Häuser, breite Straßen, viel Verkehr, Trubel und Lärm. Doch beim genaueren Hinsehen habe ich schnell gemerkt, dass zumindest der für mich relevante Teil von Vigo sehr überschaubar ist. Das meiste spielt sich im Grunde um den Casco Viejo, also die Altstadt, und den Hafen herum ab. Dafür ist meine Wohnlage wirklich top.

Nach und nach sind mir hier viele kleine Dinge aufgefallen, die wider Erwarten deutlich von unserem Lebensstil zuhause abweichen. Von einem richtigen Kulturschock zu sprechen kommt mir ein wenig zu extrem vor, aber ich finde kein besseres Wort, das die vielen kleinen Überraschungen und Umstellungen hier beschreiben würde - vielleicht war es ja sowas wie ein Kulturschöckchen! :D Daher hier nun eine kleine Aufzählung meiner Beobachtungen und Eindrücke: 

Kaffee!!
In Vigo bzw. in Spanien generell gibt es den absolut besten Café con Leche, den ich in meinem Leben getrunken habe! Sogar in der Uni ein Traum und Lebensretter in der Pause. Fast überall gibt es diese Siebdruckmaschinen, aus denen der Kaffee besonders gut schmeckt und oft wird die warme aufgeschäumte live am Tisch eingegossen. Und das für so wenig Geld! In meinem Lieblingscafé bekommt man für 1,55€ einen großen Milchkaffee mit Sojamilch, in der Uni bleibt man da auch gut mal unter 1€. Sogar meine Specials wie laktosefreie oder Sojamilch kosten hier wenn überhaupt einen winzigen Aufschlag - absolut kein Vergleich zu Deutschland!

Ausgehen
In Vigo durch die Bars zu ziehen ist in der Regel ein echter Schnapper! Ein Bier oder ein Glas Wein sind hier deutlich günstiger als in Deutschland. Oft besteht dabei nur die Gefahr, dass man sich darauf ausruht, von Bar zu Bar zieht und am Ende merkt, dass dann doch ein gutes, wenn auch verhältnismäßig kleines Sümmchen zusammengekommen ist! Aber das ist es meistens wert, denn Vigo hat unheimlich viele schöne Bars und Ausgehlocations zu bieten. Man hört nicht auf, neue davon zu finden, aber geht genauso gerne immer wieder in seine Lieblingsbars! Fast überall bekommt man zu den Getränken auch noch ein paar Snacks oder sogar richtige Tapas gratis dazu serviert und schenkt sich damit gelegentlich auch mal das Abendessen!

Bettler und Händler
Leider gibt es hier eine Menge Bettler! Dabei habe ich gehört, dass Vigo eine relativ wohlhabende bzw finanziell gut aufgestellte Stadt sein soll. Aber wie oft man im Vorbeigehen Menschen mit Schildern am Straßenrand sitzen sieht oder sogar am Tisch im Restaurant angesprochen und nach ein wenig Kleingeld gefragt wird, ist schon krass. Einige haben ihre Stammplätze oder Wiedererkennungsmerkmale, einer z.B. macht immer eine kleine Seifenblasenshow auf dem Hauptplatz der Altstadt. Man kennt das in ähnlicher Form zwar auch aus Deutschland, aber das in diesem Ausmaß zu sehen macht mich trotzdem immer ein wenig nachdenklich. Und an die Straßenhändler, die hier vorwiegend Regenschirme zu verkaufen versuchen, musste man sich auch erstmal gewöhnen, aber die gehören mittlerweile schon fast ein bisschen dazu!

Hügel!!
Vigo ist eine seehr steile und hügelige Stadt! Am Anfang, als wir noch sommerliche Temperaturen hatten, ist man bei jedem zweiten Gang ins Schwitzen gekommen und auch jetzt fühlt es sich manchmal noch mehr nach Wandern als nach Schlendern an! Ist aber eigentlich ein ganz gutes Training für zwischendurch! :D An den besonders steilen Stellen gibt es sogar Outdoor-Rolltreppen, mit denen man sich gelegentlich mal einen Teil der Bergwanderung erleichtern kann.


(Nacht-) Leben
Nicht nur bei gutem Wetter hat man das Gefühl, das Leben findet hier viel mehr draußen auf der Straße statt. Die Leute sitzen in Cafés und Bars, trinken Kaffee und lesen Zeitung, gucken Fußball und schnacken ausgiebig, egal zu welcher Tageszeit! Überall sieht man solche "sozialen Treffpunkte" und zu Zeiten, zu denen in Deutschland (bzw. Paderborn :D) oft schon die Bürgersteige hochklappen und die Lichter ausgehen, geht man in Vigo erst los. Es ist hier überhaupt nicht ungewöhnlich, sich abends um acht noch zum Kaffee zu verabreden und selbst Familien mit kleinen Kindern sind um die Zeit noch massenhaft unterwegs. Das Abendessen findet in Spanien in der Regel nicht vor neun oder zehn Uhr statt. Will man abends in einer Bar was trinken gehen, kann man sich drauf einstellen, nicht vor halb elf dort aufzutauchen und falls man danach auch noch in einen Club weiterzieht, muss man sich definitiv von den deutschen Partyzeiten verabschieden und feiert ab halb drei nachts - kurz aber dafür meistens ordentlich - und dann auch gerne mal bis halb sechs/ sechs Uhr in der Frühe! Es wirkt immer so, als würde das Leben hier generell etwas später stattfinden und es ist einfach immer viel los draußen, sodass man sich nie unwohl fühlt, wenn man nachts noch durch Vigo läuft! 

Hunde!
Vigo ist voller Hunde! Besonders viele kleine Schosshunde. Retriever und ähnliche Rassen sieht man hier sehr selten! Ich persönlich finde das super, auch wenn man dann natürlich jedes Mal daran erinnert wird, dass ein gewisser kleiner Ekki mir ziemlich doll fehlt! Aber eine Sache ist merkwürdig an den spanischen Hunden: Sie erledigen ihre Toilettengänge oft mitten auf der Straße und auf den Gehwegen, sodass man gelegentlich ein paar Pfützen ausweichen muss. Es gibt hier wohl einfach zu wenige Pinkelbäume und -büsche. Oder es ist das "Andere Länder, andere (Hunde-) Sitten-Phänomen". Glücklicherweise sorgt die tägliche Straßenreinigung dafür, dass sich diese “Erledigungen” nicht allzu lange ansammeln!

Mülltrennung und Plastikkonsum
Dafür herrscht hier noch ein völlig anderes Bewusstsein. Der Haushaltsmüll wird oft gar nicht oder nur notdürftig getrennt und alles landet dann in den großen Mülltonnen (grün und gelb), die den verschiedenen Häusern zugeteilt an den Straßen stehen. Auch Plastiktüten werden hier ohne Zögern kostenlos in den Läden ausgeteilt und mitgeschleppt. Zwar nutzen viele sie dann wenigstens als Mülltüten, aber wie zurückgeblieben das Umweltbewusstsein hier teilweise noch ist, ist schon ein bisschen erschreckend. Dinge, für die man in Deutschland heutzutage als unaufgeklärter Umweltschänder beäugt werden würde, sind hier anscheinend noch nicht ganz so verrufen. Man merkt aber immerhin, dass sich einige fortschrittlichere Ideen auch hier langsam einschleichen, z.B. kann man in meinem Supermarkt immerhin wiederverwendbare Obstnetze und Holzzahnbürsten kaufen.

Chlorwasser
Das Leitungswasser hier schmeckt absolut nach Schwimmbad! Ich habe versucht, mich daran zu gewöhnen, es trotzdem zu trinken, weil es wohl uber einen so kurzen Zeitraum nicht gesundheitsschädlich sein soll und man auch so eine Menge Plastik sparen kann, aber das Trinkwasser hier schmeckt einfach nicht und erfüllt nicht wirklich seine Funktion, da man sich meistens noch durstiger fühlt als zuvor.

Begegnungen

Schon oft habe ich es hier erlebt, dass man in Alltagssituationen von spanischen Senioren angesprochen wird, die uns Erasmus-Studenten  Deutsch oder Englisch sprechen hören und aufmerksam werden, weil sie selbst mal in Deutschland gelebt haben, vermutlich als Gastarbeiter in den 60ern. Meistens sind sie super interessiert an uns und unserer Herkunft, berichten von ihrer Zeit in “Alemania” und packen sogar noch ein paar Deutschkenntnisse aus. Ob die Nachbarin im Treppenhaus, der ältere Herr im Bus oder die äußerst redefreudige Oma im Schuhladen, man kommt hier durch die verschiedenen Sprachen echt häufig ins Gespräch und das ist wirklich eine coole Erfahrung!

Busparty

Nur noch ein kleiner Funfact: Oft läuft hier im Bus das Radio mit bester Stimmungsmacher-Musik. Schon sehr oft habe ich auf dem kleinen Display Musikvideos der Dire Straits ("Money for nothing") gesehen und neulich liefen morgens auf dem Weg zur Uni herrliche Oldies wie Waterloo, YMCA und ein paar Queen Songs. Die Busfahrer scheinen einen guten Musikgeschmack zu haben!

Vigos zwei "Gesichter"
Was ich an Vigo total interessant und besonders finde sind die zwei Seiten der Stadt. Auf der einen Seite gibt es super viele schöne Gebäude, Fassaden, Balkone, Plätze, Parks und Aussichtspunkte. Die Altstadt zum Beispiel ist meiner Meinung nach einfach wunderschön und der Baustil der alten Häuser gefällt mir unheimlich gut. Auf der anderen Seite ist Vigo voll von Ruinen, verfallenen, ungepflegten Ecken und Baustellen. Oft läuft man an bloßen Hausfassaden vorbei, die halbherzig mit einem kleinen Kettenschloss verriegelt sind und durch deren nicht mehr vorhandene Fenster man einen wuchernden Innenhof und gelegentlich ein paar Gerüstereste und gelben Bauschaum sieht. An genau diesen Ecken sieht man dass es sich hier absolut nicht um eine Touristenstadt handelt. Hier ist nicht jede Ecke fotogen und zurechtgestriegelt. Aber genau das mag ich so gerne - dass Vigo nicht so perfekt ist, dass vom allerschönsten Aussichtspunkt ein alleinstehendes hässliches Hochhaus in den Meerblick ragt, dass die traumhaft schönen Ecken hier direkt auf das genaue Gegenteil treffen und sich in direktem Übergang aneinanderreihen. Und dass alles trotzdem so zusammenpassend und harmonisch wirkt. Das macht für mich u.a. den Charme der Stadt aus. Industriestadt hin oder her, Vigo bietet eine Menge wirklich schöner Orte und vor allem eins: den Hafen und das Meer. Das ist einfach unbezahlbar! 

Donnerstag, 17.10.2019

Sowas wie Alltag

Schon wieder sind ein paar Wochen vergangen, das geht hier wirklich unfassbar schnell. Mittlerweile ist das Wetter ziemlich galizisch geworden und auch, wenn wir alle vorher wussten, was uns hier erwarten könnte, merkt man schon, wie die Stimmung sich zwischenzeitlich ein wenig "ernüchtert". Heute vor einer Woche saß ich in meiner Unipause noch mit einer großen Erasmus-Gruppe draußen und hatte das Gefühl, meine Jeans verkohlt, so sehr hat die Sonne noch geknallt. Die Tage drumherum waren durchwachsen: Sonne, Wolken, mal ein bisschen Regen und Wind aber angenehme Temperaturen. Im Grunde das, was wir in Deutschland als April-Wetter bezeichnen würden. Aber seit ein paar Tagen macht das Wetter hier seinem Ruf alle Ehre und es hat sich so richtig schön eingeregnet. Immerhin bin ich jetzt im Besitz eines Regenschirms und einer etwas wärmeren Übergangsjacke. Fehlen nur noch die Gummistiefel! Ich möchte aber gar nicht meckern, denn wie gesagt wusste ich ja, dass der Regen irgendwie auch ein Stück weit zu Galicien dazugehört. Daher versuchen wir alle, uns nicht die Stimmung verderben zu lassen und es uns schön zu machen (Ich sage mir immer: Wir haben die Wahl zwischen Regen in Deutschland und Regen in Spanien und zwischen guter und schlechter Laune!) Ein wenig trägt das auch dazu bei, dass man ein bisschen in der Realität ankommt und das Gefühl des ewigen Sommerurlaubs hinter sich lässt. Nach den ersten vier Wochen voller Sonne, Strand und Reisen, die ohne Zweifel ein Traum waren, tut es jetzt auch ganz gut, einfach mal ein Wochenende in Vigo zu verbringen, sich spontan etwas vorzunehmen, auch mal ein paar Pflichten zu erledigen und sich bei Regen einen gemütlichen Nachmittag im Café zu machen. Das gibt mir das Gefühl, ein bisschen mehr zu "landen" und tatsächlich hier zu leben. Das ist mir zum Beispiel letzten Freitag zum ersten Mal so richtig aufgefallen. Der Freitag ist ja immer mein freier Tag (das Beste an meinem Studenplan!) und dort habe ich dann erstmal etwas Schlaf nachgeholt, mich in Ruhe fertig gemacht und den Einkauf fürs Wochenende erledigt. Danach ging es mit Laptop und Unizeugs in mein Lieblingscafé (Sésamo) für eine kleine produktive Session mit frischem O-Saft, Café con leche und meinem Bilingüismo-Essay. Danach dann zur Belohnung ein kleiner Stadtbummel (noch bei strahlendem Sonnenschein), ein lecker Mittagessen zuhause, theoretisch auch noch ein Gang ins Fitnessstudio, den ich an diesem Freitag jedoch vertrödelt habe und abends dann mal wieder ein schönes Erasmus-Event, ein internationales Dinner, mit anschließender Fiesta! Solche Tage, an denen man einfach mal die Zeit in "seiner Stadt" genießt, sind für mich nach all der Aufregung total wohltuend.

Was ist sonst noch so passiert...Wir haben ein paar richtig tolle neue Bars und Restaurants entdeckt, darunter ein paar echte Geheimlocations, die vermutlich noch nicht so viele Erasmus-Studenten gesehen haben! In dieser Hinsicht hat Vigo wirklich eine Menge zu bieten. Mein Favorit war eine kleine verwinkelte Bar im Stil eines nostalgischen Künstler-Ateliers aussah: überall Bücher, Schallplatten, Kunstwerke und mit einer verwucherten Außenterrasse im Hinterhof. In einem anderen Restaurant haben wir den allerbesten Pistazien-Brownie mit Eis gegessen, der so gut war, dass wir noch am gleichen Abend einen Tisch für die darauffolgende Woche reserviert haben (gestern Abend waren wir wieder dort, die Burger sind auch ziemlich gut!!). 

Eine etwas crazy Sache...in Vigo hängt mittlerweile schon die Weihnachtsbeleuchtung. Der Bürgermeister hier hat wohl schon den Ruf, ein wenig verrückt zu sein und es mit der Dekoration dezent zu übertreiben, aber dass schon im Oktober geschmückt wird, während es sich manchmal noch nach Sommer anfühlt, hat mich dann doch ein wenig überrascht. In ein paar Wochen folgen dann vermutlich Bilder von der Beleuchtung in Aktion!

Weihnachtsbeleuchtung

Ansonsten habe ich inzwischen meinen ersten Aufsatz für die Uni abgegeben und gestern wurde uns eine spontane Zwischenprüfung angekündigt - in meinem absolut nervigsten Kurs, in dem wir uns knappe zwei Stunden am Stück Rezitationen spanischer Sonette des 16. Jahrhunderts anhören müssen. Also wird jetzt vielleicht doch mal gelernt - Juhuu!

Inzwischen habe ich auch endlich mal den lange geplanten Ausflug mit meiner "Gastmama" und ihrer besten Freundin gemacht, ein kleiner Tages-Roadtrip über verschiedene Orte in Galizien, u.a. Baiona und A Guarda, und sogar bis ins portugiesische Örtchen Valença. Währenddessen habe ich nicht nur viel Spanisch gesprochen, sondern auch ein paar besonders schöne Ecken zwischen Galizien und Portugal zu sehen bekommen.

Eindrücke vom AusflugEindrücke vom kleinen AusflugEindrücke vom Ausflug - Baiona

Valença

Achja, und ich war endlich zum ersten Mal beim Surfen. Zwar unter ungewöhnlichen Umständen (es war seehr grau und regnerisch), aber die Perspektive, den kompletten verregneten Sonntag mit meinem Essay und diversen Haushaltsdingen zu verbringen, hat mich angetrieben, es mal auszuprobieren und die Komfortzone zu verlassen. Natürlich kann man das beim ersten Mal noch nicht wirklich surfen nennen, aber nach der kleinen Schnupperstunde bin ich auf jeden Fall motviert, es weiter zu üben, bei Wind und Wetter.

Wunderschönes Spiegelselfie im Neoprenanzug

Soviel erstmal an dieser Stelle zu meinem kleinen Update. Es stehen noch ein paar Ausflüge an, da gibt es dann bestimmt wieder ein paar schöne Fotos und unalltägliche Berichte! :)